Nachdem ich dann meinen iranischen Eintrittsstempel erhalten habe und meine 60.000 Armenischen Drams in mehrere Millionen Iranische Rials eingetauscht habe, finde ich sehr schnell einen Taxifahrer, der mich nach Jolfa fahren soll, der ersten Stadt mit öffentlichen Transportverbindungen. Die Fahrt verläuft entlang der iranisch-aserbaidschanischen Grenze durch eine wahnsinnig tolle Landschaft, die ein wenig an den Grand Canyon erinnert. In Jolfa will mich mein Fahrer aber nicht aus dem Wagen lassen, sondern mich direkt weiter nach Tabriz fahren. Es kommt zu einem kleinen Streit - mich reizt es, in dieser kleinen Stadt mit der tollen Umgebung zu bleiben, er versteht aber nicht, warum jemand ausgerechnet in Jolfa bleiben will. Am Ende bietet er mir einen dermaßen niedrigen Preis für die Fahrt nach Tabriz an - 200.000 Rial, etwa 5 Euro für 200 Kilometer Taxifahrt, dass ich aufgebe. Allmählich verschwindet der Grand Canyon hinter uns. Unterwegs steigen mal zwei Iraner ins Taxi hinzu, die sich schwer begeistert darüber zeigen, dass ein Ausländer ihr Land besucht; ich darf alle möglichen Fragen beantworten, es wird nur irgendwann unangenehm, als sie mich nach meiner Bezahlung als Lehrer fragen und ich der Frage so gut wie möglich ausweichen will. Am Ende aber verabschiedet sich der redseligere der beiden mit den herzlichen Worten: "I am happy! Good night!"
Tabriz ist eine ziemlich angenehme Stadt, der man nicht unbedingt anmerkt, dass hier
Aussicht auf Tabriz |
"How old are you?"
"Are you married?"
"Do you like Iran?"
"Do you like the Iranian girls?"
Bei der letzten Frage zögere ich - das erscheint mir doch gerade in diesem Land wie eine Fangfrage. Direkt wird nachgehakt:
"Are you straight?"
Bei der Blauen Moschee angekommen habe ich zunächst Schwierigkeiten, den Eingang zu
Blaue Moschee, Tabriz |
"Hello, can I help you?"
Die Frage kommt diesmal von einer jungen Iranerin, die auch gerade die Moschee besichtigen will. Wir unterhalten uns ein wenig - ich erfahre, dass sie ihr Ingenieurstudium gerade beendet hat, in Teheran wohnt und mit ihrer Mutter auf Heimatbesuch ist. Zusammen finden wir den Eingang zur Moschee - wo sich direkt eine kleinere Menschenmenge um mich bildet. "Where are you from?", werde ich gefragt. Ich sage, ich komme aus "Belgique", so wird Belgien auf Farsi ausgesprochen, und stoße direkt auf Begeisterung. Ein älterer Iraner unterhält sich mit mir auf Französisch, ein anderer schlägt Belgien auf Wikipedia auf seinem Handy nach und liest mir vor: "Belgium. Capital Brussels. 11 Million inhabitants. Constitutional monarchy. Languages German, French and Dutch. That country?"
Ich gehe mit der Iranerin noch zwei Museen besichtigen, bis sie sich verabschiedet. Ich setze meinen Weg alleine fort und versuche, per Bus zu einem Park am Stadtrand zu gelangen. Ich verlaufe mich aber irgendwie wieder und erreiche eine Anhöhe, von der ich zwar auch eine schöne Aussicht habe, wo ich aber nicht wirklich weiß, wo ich mich gerade befinde.
"Hello, can I help you?"
Ein Jeep hat neben mir angehalten, die Frage kommt von seinem jungen Fahrer. Nachdem ich ihm meine Situation erklärt habe, bietet er mir an, mich zum Park zu fahren. Nachdem ich ein paar Mal höflich abgelehnt habe, steige ich in den ziemlich imposanten Wagen. Während allmählich die Abenddämmerung hinaufzieht, gehen wir durch den Park und trinken etwas - er entschuldigt sich dafür, dass es im Iran keinen Alkohol gibt. Auch ansonsten lässt er kaum ein gutes Haar an der iranischen Regierung. Nachdem es letztendlich dunkel geworden ist, sieht er es als seine Pflicht an, mich zu meinem Hotel zurück zu fahren - durch Tabriz' höllischen Verkehr und sintflutartige Regengüsse.
Qazvin |
"Hello, can I help you?"
Ein knapp dreißigjähriger Iraner hat bemerkt, dass ich wohl gerade etwas hilfsbedürftig bin. Ich erkläre ihm meine Situation - er bietet mir an, in seinem Haus zu übernachten. Ich überlege kurz und sage zu. Unterwegs zu seinem Haus fragt er mich, woher ich komme. "Aaaah, Belgique! Maurice Maeterlinck!" Er ist mir direkt sympathisch.
Nachdem wir in seinem Haus ein iranisches Abendessen genossen haben, gehen wir in ein Café, dessen Ausstattung sehr viel alternativer wirkt, als man im Iran erwarten würde. Die weiblichen Gäste könnte man zudem nach iranischen Maßstäben als "leicht bekleidet" bezeichnen - will heißen: weit hinten anliegendes Kopftuch. Nachdem mein Gastgeber gegen mich eine Partie Schach gewonnen hat, gehen wir in ein anderes Café. Dort bin ich als Ausländer natürlich wieder der absolute Star und der Besitzer raunt mir heimlich zu: "Do you need anything? Wine, vodka? Whatever you need, I can bring it to you." Ich schaue ihn etwas ratlos an und er fügt hinzu: "I don't have beer!"
"Hello, can I help you?"
Verdammt!
Moschee in Qazvin |
Ich will nicht undankbar klingen - der Kerl hätte sich ein Bein ausgerissen, damit ich mich in
Rah-Kushk-Tor, Qazvin |
Ich bleibe noch einen weiteren Tag in Qazvin - diesmal ohne nennenswerte Begegnungen. Am nächsten Tag geht es dann von der Stadt noch einmal in die Natur - ins Alamut-Tal nördlich von Qazvin. Hier verbringe ich zwei Tage im Dorf Gazorkhan, wo ich ein paar kleinere Wanderungen unternehme und mich der abgasfreien Luft erfreue. Immerhin ist die nächste Station Irans Hauptstadt Teheran, eine Metropole, die nicht gerade für ihre gute Luft bekannt ist.
Soweit meine ersten Tage im Iran, einem der wahrscheinlich unbeliebtesten Staaten der Welt, in jeglicher Hinsicht; einem der Reiseziele, für das mich viele im Vorfeld für verrückt erklärt hatten. Und ich muss sagen: Läuft eigentlich ganz gut. Es gibt wirklich sehr viel zu sehen, die Leute sind sehr hilfsbereit (ab und zu etwas zu hilfsbereit) und das Land wirkt vor allem auch sehr sicher. Fortsetzung folgt. I am happy. Good night.
Großer Basar, Tabriz |
Großer Basar, Tabriz |
Grab der Poeten, Tabriz |
In der Blauen Moschee |
Qazvin |
Qazvin |
Qazvin |
Jawohl, es gibt auch Bier im Iran - natürlich alkoholfrei |
Nahe der Alamut-Burg |
Das Alamut-Tal |
Alamut-Burg |
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